Wer oder was ist alles? Der Opernball will diese sprachliche Unkorrektheit unbedingt rechtfertigen und mittlerweile tumelt sich dort wirklich alles, was schlecht und billig ist.
Ein paar Male war ich auf dem Opernball. Lang ists her. Das lustigste Mal war es, als ich dort gedreht habe. Es war eine deutsche Fernsehserie, ich ein österreichischer Winzer, der seine Freunde von der Mosel an die Donau zum Opernball einlädt. Um die authentische Live-Athmosphäre zu beweisen, hatte sich der Regisseur ausgedacht, die beiden Schauspielkollegen sollten wie zufällig neben dem damaligen bayrischen Ministerpräsidenten und Ehrengast Franz Joseph Strauß die Feststiege hinaufschreiten und in der Mitte von mir begrüßt werden. Zwischen den vielen Kameras von anderen Fersehsendern fiel die unsere gar nicht als die einzige auf, die gerade eine nicht wiederholbare Spielfilmszene drehte. Im allgemeinen Gedränge warteten die beiden Schauspieler bis der hohe Gast das Fojer betrat und wirklich gelang es ihnen, neben dem damals nicht nur im gesamten deutschen Bundesgebiet bekannten Schwergewichtspolitiker durch das Spalier der Gaffer und Gäste zu schreiten, was später im Film natürlich in seiner Mischung aus Film und Dokumentation als kleine Sensation galt.
Durch das Spalier der hinter Absperrungen tobenden Demonstranten bin ich ein anderes Mal Spießruten gelaufen, geniert und mit dem mulmigen Gefühl, eigentlich auf die andere Seite zu gehören.
Als einer der bereits unter Vertrag genommenen Hauptdarsteller in der englischen Fernsehserie „Wagner“ war ich ein anderes Mal Gast in der Loge des reichen Mannes, mit dessen Töchterl ich damals liiert war. Aber ich war zu schüchtern, den Regisseur und meinen späteren Partner in vielen Szenen Richard Burton zu begrüßen, die in einer Parterreloge Werbung für die Dreharbeiten machten, die bald darauf in Wien beginnen sollten. Ich empfand das als anbiedernd und peinlich, eine bis heute konsequent gelebte und genauso konsequent verhängnissvolle Fehleinschätzung, oder besser gesagt Missachtung des Diktums „Klappern gehört zum Handwerk“…
Wenn man die alten Wochenschauaufnahmen von früheren Opernbällen sieht, kann man gar nicht glauben, wie sehr dieser Ball an Eleganz und Ausstrahlung verloren hat. Die Orgie an Geschmacklosigkeit und Gewöhnlichkeit, welche die zum TV-Event hochsitilisierte Liveübetragung heute ins Wonzimmer schwappt, ist kaum mehr zu unterbieten. Wäre da nicht die Oper selbst als trutzig schützende Kulisse, die Mischung aus Tingel -Tangel, Las Vegas Imitation und Vorstadt-Fasching würde vollends obsiegen. Nicht einmal der geniale Schüttelreim „In einer schönen Frackwäsch- ist ein jedes Wrack fesch“ trifft heute mehr zu. Auf dem schönsten Hausmeisterball der Welt drängeln sich nun tausende verkleidete neureiche Proleten und spielen Damen und Herren.
Traurig daran ist, dass dies heute als der Inbegriff an Vornehmheit und als gesellschaftliches Aushängeschild des angeblichen Kultur-Hoamatls gilt. Alles Walzer!